Afternoon Tea, eine erfundene Tradition der Anna Maria, Duchess of Bedford?
Beim Besuch auf Belvoir Castle soll Anna Maria Duchess den Afternoon Tea erfunden haben
Die britische Tradition verbindet den Beginn des Afternoon Tea mit der Duchess of Bedford, Anna Maria. Sie wurde 1783 geboren und heirate innerhalb des britischen Adels, so dass sie einigem Wohlstand kam. 1837 wurde sie Hofdame bei Queen Victoria. Tea, also eine Teemahlzeit, war zu jener Zeit bereits bekannt, aber es war eher ein Tee, der abends mit einer Mahlzeit gereicht wurde. Jene Anna Maria soll, so sagt die Legende, während eines Aufenthaltes auf dem Lande ein wenig hungrig gewesen sein – und das an einem Nachmittag. Bis zum Abendessen war es noch ein wenig hin und so hatten ihr die Bediensteten in dem kleinen Landschlösschen einige belegte Brote, Scones und Tee serviert – und da es außerhalb der streng geregelten Abendessen passierte, war es eben auch sehr informell – in Großbritannien wird der Nachmittagstee auch als Low Tea bezeichnet, da er auf niedrigen Tischen serviert wird, während der Standardtee (High Tea) des Abends an einem Bankett- oder Esstisch gereicht wurde (mit dazugehöriger Kleidung und Benehmen). Ihr gefiel dies so sehr, dass sie dies nicht nur täglich wiederholte, sondern auch Freunde und Bekannte dazu einlud. Als Hofdame der Königin hatte sie nicht nur Zugang zu Queen Victoria, sondern genoss auch selber großes Ansehen. Und so ahmten immer mehr Adelige dies nach – bis auch das Bürgertum und schließlich die Arbeiterschicht dieses Ritual in den Alltag aufnahmen. Ob Anna Maria, Duchess of Bedford, wirklich die Urheberin dieses doch so britischen Alltagsrituals war, ist unter Historikern jedoch umstritten. Tee war, wie wir gelesen haben, durchaus schon bekannt und beliebt.
Warum Tee?
Dass Anna Maria, Duchess of Bedford, ihren nachmittäglichen Tee eingenommen hat, ist durchaus belegt. Ob sie ihn erfunden hat, nicht. Dennoch lässt sich die Tradition des britischen Afternoon Tea eindeutig aus dem Adel heraus erklären. Tee war im Adel sehr beliebt und wurde, gemäß der britischen Etikette, stets ritualisiert getrunken. Im Gegensatz zu den Ländern des Kontinents war der Adel sehr beliebt und geachtet. In Frankreich nach der Revolution war der Adel eher weniger respektiert und auch in den deutschen Königreichen und Fürstentümern des 19. Jahrhunderts war man dem Adel eher feindselig oder zumindest kritisch gegenüber eingestellt. In Großbritannien bildete der Hof, der Königshof im Zentrum sowie die kleineren Höfe der adeligen Lords und Ladies, auch das kulturelle und zivilisatorische Zentrum. In Deutschland entwickelte sich vieles nicht aus der Adelskultur, sondern aus der des Bürgertums heraus. In England war dies eben anders. Das Bürgertum , ja sogar die Arbeiter, übernahmen vieles vom Adel. So konnte auch der „einfache Mann“ am adeligen Alltag teilhaben und sich zudem noch an der Exotik des Fernen Indiens oder Chinas berauschen.
Die Briten lieben ihren Tee
Tee war in Großbritannien nicht einfach nur ein Getränk, sondern eben ein Lebensgefühl und Ausdruck der Zivilisation. In Deutschland dagegen konnte sich das Getränk so gar nicht durchsetzen, da es eben vor allem im Adel beliebt war. Die Briten dagegen nahmen durch Übernahme des Afternoon Tea am Leben der britischen Elite teil. Und so übernahm man eben nicht nur die Beliebtheit des Tees, sondern auch die steifen Regeln des Adels zum Teetrinken. Dies erklärt auch, warum vor allem der Nachmittagstee, also der Low Tea, im Volk so große Beliebtheit bekam: Er ist ja bereits informell, auch wenn der durchaus noch vielen adeligen Gepflogenheiten folgte. Aber die Regeln des Low Tea beziehen sich mehr auf die Art und Weise der Zubereitung des Tees sowie der dazu gereichten kleinen Mahlzeiten und nicht, wie beim High Tea, auf die Kleidung und Konversation. Und nachdem Bürgertum und Arbeiter die Teekultur übernommen hatten, wurde diese natürlich auch den Umständen entsprechend angepasst. Heute verbinden viele Briten mit dem Nachmittagstee keine adelige Lebensweise mehr, sondern vor allem die Quintessenz des Britentums. Und tatsächlich, was kann es britischeres geben als eine gepflegte Tasse Tee und dazu gereichte Scones am späten Nachmittag?